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Vieles ist anders: Corona im Senegal

Corona-Hygieneartikel
Datum:
Veröffentlicht: 22.7.20
Von:
Michael Kleiner

Morgens, 10 Uhr im Senegal: Fast 16 Millionen Einwohner warten gespannt vor dem Radio oder Fernseher. Es ist der Moment, in dem der Gesundheitsminister die neuesten Zahlen zum Coronavirus verkündet. Die COVID-19-Pandemie hat das Land seit März erfasst. Mittlerweile gibt es in allen 14 Regionen Infizierte und auch Todesfälle. Hotspots sind die Hauptstadt Dakar, Touba, das Zentrum der größten islamischen Bruderschaft, und an dritter Stelle die Region Thiès.

Der am 23. März ausgerufene Ausnahmezustand endete am 30. Juni, die meisten Schutzmaßnahmen gegen COVID-19, wie beispielsweise die nächtliche Ausgangssperre, die limitierten Marktzeiten und das Reiseverbot wurden aufgehoben. Versammlungen, Restaurantbesuche und Märkte sind wieder erlaubt, wenn man eine Mund-Nasen-Maske trägt und Abstand hält. Verboten bleiben größere Menschenansammlungen im öffentlichen Raum, der Besuch von Bars, Nachtclubs sowie Indoorsport und -freizeitaktivitäten.

Einkommenskrise

Das Einhalten der Hygienevorschriften ist für die typische Großfamilie nahezu unmöglich. Das gemeinsame Essen aus einer Schüssel mit der Hand widerspricht den Empfehlungen. Der Rat, zuhause zu bleiben verschärft die beengten Wohnverhältnisse. Menschen, die ohne regelmäßige Beschäftigung sind, haben zunehmend Probleme Arbeit zu finden und ihre Familien zu ernähren.

Alle Märkte bleiben an einem Tag in der Woche für eine Generalreinigung geschlossen. Das trifft vor allem die Bauern und Händler, die nun ein geringeres Einkommen haben. So ist das Geldverdienen

aktuell das größere Problem als das Coronavirus selbst.

Es gibt ausreichend Testkapazitäten im Senegal, jedoch wurden bisher insgesamt erst rund 103.000

Tests durchgeführt, da ein Großteil der Bevölkerung nicht bereit ist, sich auf COVID-19 testen zu lassen. Zahlreiche Senegalesen glauben nicht an die Existenz dieser Krankheit oder sind davon überzeugt, dass das Coronavirus nur Reiche oder Weiße infiziert.

Schule und Religion

Die Wiederaufnahme des Schulbetriebes hat am 25. Juni begonnen. Die E-Learning-Angebote

funktionieren nicht gut und nur Wenige besitzen einen Computer mit Internetzugang. Die Abschlussprüfungen des Schuljahres sind ab 20. August geplant. Ob dies realisierbar ist, ist fraglich, denn die bevorstehende Regenzeit verhindert häufig den Unterricht. Alle Wallfahrten sind für das Jahr 2020 abgesagt. Seit dem 19. Juni rufen die muslimischen Geistlichen wieder zum gemeinsamen

Gebet in die Moschee - unter Wahrung der Hygienevorschriften. Die Katholiken sind vorsichtiger: es gibt weiterhin landesweit keine öffentlichen Gottesdienste oder religiösen Versammlungen. Aber: zahlreiche Gottesdienste werden im Livestream via Radio, Fernsehen und Internet übertragen.

Das Bistum Thiès überträgt täglich live über Facebook bzw. youtube Gottesdienste aus der Pfarrei Diourbel sowie Sonn- und Feiertagsgottesdienste. Bischof André Guèye zelebriert in der Regel jeden Sonntag eine Messe in einer anderen Gemeinde, die über Facebook zugänglich gemacht wird. Ein

weiteres Angebot ist das „Tägliche Wort Gottes“ mit einem Impuls zum Tagesevangelium

über einen Youtube-Kanal.

Wie geht es weiter?

Das weiß niemand. Vieles ist anders in dieser Zeit der Pandemie. Während der Ausgangssperren

war es ruhiger in Thiès, nun nimmt das Leben wieder an Fahrt auf, aber reservierter und in einer anderen Art und Weise. In Thiès kündigt sich bereits die Regenzeit an.

Seit vielen Jahren war das nicht mehr so früh.

 

Corona-Statistik Senegal (Stand: 20.07.2020):

8.948 Coronafälle, davon 1.346 ohne nachvollziehbare Infektionskette

6.002 Genesene

34 kritische Fälle auf Intensivstationen

170 Todesfälle

307 Coronafälle in Thiès (Stadt)

Tendenz: steigend

Gottesdienstübertragung
Hilfstransport