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Die Diözesanwallfahrt auf den Spuren des heiligen Bischofs Otto

Pommern heiliger Otto an Kanzel.jpg
Datum:
Veröffentlicht: 29.5.24
Von:
Marion Krüger-Hundrup

Brückenbauer zwischen Pommern und Franken

Stettin. Reisebericht zur Diözesanwallfahrt auf den Spuren des heiligen Bischofs Otto im heutigen Mecklenburg-Vorpommern und in Polen. 72 Pilger und Pilgerinnen aus dem Erzbistum Bamberg sind mit Erzbischof Herwig Gössl und Erzbischof em. Ludwig Schick aufgebrochen, um die beiden Missionsreisen des heiligen Otto (1060/62 bis 1139) nachzuvollziehen.
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Bamberg/Stettin. Gänsehautmomente am Ende dieses Gottesdienstes in der St. Marien-Kirche von Stargard im polnischen Westpommern am Festtag „Maria Hilfe der Christen“: Das „Ave Maria“ von Bach/Gounod erklingt, mit strahlendem Tenor von Johannes Modesto gesungen, stimmungsvoll vom Organisten begleitet. Die wunderbare Akustik in dieser dreischiffigen gotischen Backsteinbasilika mit Sterngewölbe trägt das Ave in die hintersten Winkel. Und so mancher wischt sich verstohlen Tränen aus den Augen.

Diese kurze Szene kann nur bruchstückhaft schildern, wie intensiv und nachhaltig die Diözesanwallfahrt auf den Spuren des heiligen Bischofs Otto war, im heutigen Mecklenburg-Vorpommern und in Polen. Wie geisterfüllt – passend zur Pfingstwoche, in der 72 Pilger und Pilgerinnen aus dem Erzbistum Bamberg aufgebrochen waren, die beiden Missionsreisen des heiligen Otto (1060/62 bis 1139) nachzuvollziehen. Die erste Missionsreise startete er 1124, also vor genau 900 Jahren, die zweite 1128. Das Jubiläum war Anlass genug für das Pilgerbüro der Erzdiözese, in Kooperation mit dem Bayerischen Pilgerbüro die Wallfahrt unter der sachkundigen Reiseleitung von Johannes Modesto durchzuführen. Zumal die geistliche Leitung der Tage gleich bei zwei Bamberger Erzbischöfen lag: beim amtierenden Herwig Gössl und beim emeritierten Ludwig Schick. Letzterer hatte maßgeblich das erlebnisreiche Programm ausgearbeitet, wobei er auf seine langjährigen Kontakte zu polnischen Kirchenvertretern zurückgreifen konnte.

Bischof Otto: ein spiritueller Gottesmann und engagierter Bischof 

„Er glühte von der Frohbotschaft und trug sie voller Glaubenskraft bis hin ins ferne Pommern“ – so dichtete der ehemalige Bamberger Generalvikar Alois Albrecht in seinem Hymnus zum Otto-Fest. Tatsächlich geben die historischen Quellen Auskunft darüber, dass der heilige Otto ein spiritueller Gottesmann und zugleich ein sehr engagierter Bischof in seiner Diözese Bamberg gewesen ist. Persönlich bescheiden, lebte er anspruchslos und richtete sich nach den Grundsätzen des heiligen Ordensgründers Benedikt aus: beten und arbeiten, Maß halten, dem Gottesdienst und der Liebe zu Jesus Christus nichts vorziehen. Er führte wichtige Reformen durch, baute den Dom wieder auf und ordnete die Finanzen, renovierte Kirchen, baute Schulen, Hospize, Klöster, wirkte diplomatisch ausgleichend im unseligen Investiturstreit, also in der Frage, ob Papst oder Kaiser die Bischöfe einsetzen dürfe.

Außerdem war er der einzige Bamberger Bischof, der es zur Ehre der Altäre gebracht hatte, weltkirchlich orientiert: Otto missionierte die Pommern in einer auch politisch heiklen Situation im Grenzgebiet zwischen Polen und Deutschland. Und zwar ohne Gewalt und Zwang, ganz nach der Maxime „Gott will nicht erzwungenen, sondern freiwilligen Dienst“. Otto legte Wert auf die freie Zustimmung der Bevölkerung zum Glaubenswechsel.

Erzbischof Schick drückte dies im Auftaktgottesdienst zur Pommern-Wallfahrt in der ehemaligen Klosterkirche Reinersdorf so aus: „Otto war davon überzeugt, dass Glauben nur friedlich weitergeben und freiwillig angenommen werden muss.“ Otto sei überzeugt gewesen, dass letztlich der Heilige Geist den Glauben bewirkt, und dass der Glauben immer wieder erneuert werden muss. Diese Worte dienten gleichermaßen als geistliche Anregung für die Pilgerfahrt: Morgen- und Abendgebete sowie Lieder aus dem Gotteslob formten den Bus zur Kapelle, tägliche Eucharistiefeiern in den verschiedenen Stationsorten gaben Rüstzeug für den Tag und das persönliche Glaubensleben.

Und ermöglichten es, die Wirkungsorte des heiligen Otto mit staunenden Augen zu sehen. Zum Beispiel in Demmin nahe der mecklenburgischen Ostseeküste: Pfarrer i.R. Klaus Vogt erzählte in der seit der Reformation evangelischen St. Bartholomaei-Kirche, wie der heilige Otto während seiner zweiten Missionsreise den Vorgängerbau begründet hatte und verwies auf die Dauerausstellung in diesem Gotteshaus. An Stellwänden im Seitenschiff sind die Repliken der Bilder aus der Bamberger St. Michaelskirche zu sehen, die die Vita des heiligen Otto widerspiegeln. „Otto war der erfolgreichste Bamberger Bischof“, bilanzierte Pfarrer Vogt und machte damit deutlich, dass die Verehrung des Heiligen bis heute ausgesprochen stark in Pommern anhält: bei katholischen wie evangelischen Christen. Ottos friedliche Mission, um die er von den polnischen Herzögen Wladyslaw I. und Boleslaw III. gebeten worden war, habe den Wirren der Geschichte standgehalten.

„Otto streute dort den Samen des Evangeliums aus“, schrieb einst der Biograph des Heiligen, der Michelsberger Benediktinermönch Herbord. Erzbischof Schick las zur Einstimmung auf die einzelnen Ortsbesuche immer wieder Passagen aus dieser Hagiographie vor. So wurde deutlich, unter welchen Umständen Otto einst in Pommern die heidnischen Wenden und andere slawischen Völker zum Christentum bekehrte, sie taufte, Kirchen initiierte: etwa in Wolgast und auf Usedom, in Wollin und Cammin, in Stargard und Pyritz.

Besonders in Pyritz, südöstlich von Stettin gelegen, hörte der Pilger Otto Albert aus Ludwag aufmerksam zu. Dort taufte sein Namenspatron die ersten Pommern. Und dort am historischen Gedenkort luden die Erzbischöfe Gössl und Schick dazu ein, das Taufversprechen zu erneuern. „Fest soll mein Taufbund immer stehen…“: Otto Albert stimmte überzeugt in das bekannte Lied ein. „Es war schon lange, mindestens zwanzig Jahre, mein Wunsch, auf die Spuren des heiligen Otto zu gehen“, sagte er. Bereits als Kind sei er zu dessen Hochgrab in der St. Michaelskirche gekommen und hindurchgeschlüpft, lächelte der Mann. Seine Ehefrau Monika sprang ihm bei: „Es ist ein Wunder, dass wir mitreisen können“, bekannte sie. Denn ihr Mann habe erst eine lebensbedrohliche Krankheit überstanden und sei langsam genesen. Aus Dankbarkeit für die Gesundung und um ihrem Mann seinen Herzenswunsch zu erfüllen, habe sie ihm diese Pilgerreise zum 77. Geburtstag geschenkt.

Festgottesdienst in Stettiner Kathedrale

Reich an Höhepunkten war diese Diözesanwallfahrt. Doch der Festgottesdienst in der Stettiner Kathedrale St. Jakobi überstieg alle Erwartungen: „So einen schönen habe ich schon lange nicht mehr erlebt“, bekundete ein sichtlich ergriffener Wallfahrer nach der Eucharistiefeier und sprach damit seinen Weggefährten aus dem Herzen. Allein schon die Schar der Zelebranten bewegte: die Erzbischöfe Gössl und Schick, Weihbischof Henryk Wejman aus dem gastgebenden Erzbistum Stettin-Cammin, die Bamberger Domkapitulare Martin Emge, Norbert Jung, Markus Kohmann, Andreas Lurz und Thomas Teuchgräber, örtliche Priester. Fulminate Orgelmusik und Streicherinnen begleiteten die Feier in Deutsch, Polnisch und Latein.

Pfingsten mit seinem Sprachwunder wirkte nach. Und zur Not gab es kundige Dolmetscher, die übersetzten. Weihbischof Wejman hieß im Namen aller Bischöfe der Metropolie die Pilger und Pilgerinnen willkommen: „Unsere Diözesen liegen weit auseinander, aber wir sind uns nah, weil uns der heilige Bischof Otto zusammengeführt hat. Er ist unser gemeinsamer Schutzpatron.“ Wejman nannte Ottos Mission vor 900 Jahren „sehr fruchtbar“. Der damalige Bamberger Bischof sei Apostel der Pommern genannt worden: „Diesen Titel hatte er verdient!“

Erzbischof Gössl erinnerte daran, dass der heilige Otto „auch in unserem Bistum das Evangelium verkündet hat“. So nehme Bamberg sein Gedenken in diesem Jubiläumsjahr dankbar an. Gössl bezeichnete Bischof Otto als „Brückenbauer zwischen Pommern und Franken, zwischen Polen und Deutschland, zwischen katholischen und evangelischen Christen“. Gerade heute brauche es Menschen, die verbindend wirken, weil ihnen die Mitmenschen wichtig seien. Otto habe den Menschen in der Fremde das Wichtigste und Kostbarste mitgegeben, das er besessen habe: nämlich seinen Glauben.

Oberbürgermeister lud zum Empfang in Stettin 

Bevor es zum Empfang der Pilgergruppe durch die Stadt Stettin ging, lud die Dompfarrei zu einem Imbiss ein. Ehrenamtliche hatten wahre Berge von Bratwürsten und Krakauern gegrillt, dazu Krautsalat, die für Pommern typischen Gewürzgurken, Brot und Getränke. Dadurch gestärkt machten sich die Bamberger Diözesanen mit den beiden Erzbischöfen auf, sich von Stadtpräsident – entspricht einem Oberbürgermeister – Piotr Krzystek in illustrem Rahmen über die Besonderheiten der 400.000-Einwohner-Stadt Stettin informieren zu lassen: Der Empfang fand in der Villa Augusta Lentzka statt. Also dort wo Krzystek die Ehrengäste Stettins begrüßt – wie just einige Tage vor den Bambergern den dänischen König Frederik X.

Wahrlich königlich umsorgt durften sich die Wallfahrer während ihrer Pilgertour fühlen. Gerade die Erzbischöfe erwiesen sich als gute Hirten, denen keine Mühe um die Ihren zu groß war. Schick zum Beispiel versprühte großzügig Anti-Mückenspray gegen die Plage in der mecklenburgischen Seenplatte. Oder machte sich höchstpersönlich auf die Suche nach dem „verlorenen Schaf“, das nicht zum vereinbarten Zeitpunkt am Bus auftauchte. Gössl übte fleißig noch unbekanntere Otto-Lieder ein und bewies durch seine Haltung, das er vom heiligen Otto etwas Entscheidendes gelernt hat: die Demut und das Wissen, dass er von Gott gebraucht ist.

Das I-Tüpfelchen auf die Pilgerreise setzten die Busfahrer Gerd und Roland, die die beiden Busse des Burgebracher Unternehmens Spörlein souverän und sicher über 2000 Kilometer steuerten. Und so manchen Kaffee kredenzten: In roten Tassen der eine, in blauen der andere.

Unter Downloads finden Sie die gesamte Predigt vom Festgottesdienst in Stettin von Erzbischof Herwig Gössl 

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